Boas war durch Kollegen, Freunde und Familie gut über die Entwicklungen in Deutschland informiert und erkannte früh die Gefahr, die der Nationalsozialismus für Deutschland bedeutete.
Auf die Gesetze zur Aushebelung der Weimarer Verfassung, insbesondere auf das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich („Ermächtigungsgesetz“), das am 23. März 1933 beschlossen und am 24. März verkündet wurde, reagierte Franz Boas bereits am 27. März mit einem Offenen Brief an den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Das (gedruckte) Pamphlet wurde breit gestreut, und obwohl Hindenburg nicht antwortete, taten es andere. (1)
Nach dem Erlass des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933, das die Entlassung jüdischer und politisch missliebiger Beamter zur Folge hatte, wurde Franz Boas zu einer Anlaufstelle für Wissenschaftler und Oppositionelle, die Deutschland verlassen mussten und eine Lebenschance in Übersee suchten. Im hohen Alter von über 75 Jahren fungierte er als Schnittstelle zu Hilfsorganisationen wie dem Emergency Rescue Committee, der International Relief Association und der American Guild for German Cultural Freedom und beschaffte Gelder, organisierte Stellen und Affidavits.(2)
Boas, dessen Schriften in Deutschland nun geächtet waren, nahm den Kampf gegen Rassismus und Diktatur auf. (3) Auch in wissenschaftlichen Publikationen belegte er immer wieder die Haltlosigkeit rassistischer Theorien. Seine Kulturanthropologie wurde während des Krieges zur Waffe gegen den Nationalsozialismus geschmiedet und prägte nachhaltig das Selbstverständnis großer Teile der us-amerikanischen Gesellschaft.
Materialien
(1)
Franz Boas, Offener Brief an Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, Präsident des Deutschen Reiches, 27. März 1933 (Auszug). Download
Reaktionen auf den Offenen Brief, gerichtet an Franz Boas:
Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 (Auszug).
Aus: Reichsgesetzblatt I, S. 175. Download
Bitten an Franz Boas um Hilfe bei Emigration und Stellensuche: Tochter eines Schulfreunds (Dr. Adolf Vogeler), 2. November 1935. Download Prof. Dr. Dr. Julius Lips, Völkerkundler und Soziologe, Paris, 12. Juni 1933. Download Original Download Umschrift Prof. Dr. L. Brauner, Botaniker, Jena, 11. April 1933. Download Original Download Umschrift Franz Boas Papers, American Philosophical Society, Philadelphia.
Brief von Franz Boas an die us-amerikanische Botschaft in Prag bezüglich der Affidavits für Siegfried Aufhäuser und dessen Frau Anna, 17. Oktober 1939. Deutsche Nationalbibliothek - Deutsches Exilarchiv 1933 1945, Frankfurt a. M. Download
(3)
Brief von Ludwig Roselius vom 6. September 1935. Download Antwort von Franz Boas vom 8. Oktober 1935. Download Franz Boas Papers, American Philosophical Society, Philadelphia.